Von Lars Müller
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Wer schon einmal mit einem Airbus A340 der LAN zwischen Frankfurt/Main und Madrid geflogen ist, wird die Vorzüge eines Langstreckenjets auf kurzen Verbindungen zu schätzen wissen.
Der Sommer 2010 hat in Europa weitere Möglichkeiten für Flüge in großen Maschinen auf kleinen Strecken geboten. Zunächst ohne zeitliche Begrenzung setzt die Singapore Airlines eine Boeing 777-300 auf der Linie Singapur-München-Manchester ein. Tickets werden auch für den innereuropäischen Streckenabschnitt verkauft. Der Preis liegt leicht über dem von Lufthansa und easyJet. Traditionell schreibt die SIA in der billigsten Buchungsklasse keine Vielfliegermeilen gut. Beim Service macht die asiatische Qualitätsairline ihrem Namen alle Ehre. In der Economy wird ein kleines, aber feines Frühstück serviert. An Bord der Triple Seven können Reisende ungewöhnlich viel Beinfreiheit genießen. Die Kabinencrews in ihren auffälligen Gewändern sind äußerst freundlich und zuvorkommend. Fast das komplette Entertainmentangebot ist auf der Kurzstrecke verfügbar, ein dickes Programmheft gibt Auskunft über die zahlreichen Kanäle. In Richtung Manchester geht es recht entspannt an Bord zu, da viele der englischen Langstreckenpassagiere aus Australien oder Asien kommen und manchmal schon eine volle Tag-Nacht-Reise hinter sich haben. Wer mit der SIA hin und zurück fliegen will, muss eine Nacht in Manchester bleiben oder sofort wieder zum Boarding Gate gehen. Es sind jedoch auch bezahlbare Oneway-Tickets verfügbar, so dass die SIA-Flüge beispielsweise mit klassischen Oneways der easyJet kombiniert werden können. Ein Tagesaufenthalt mit Stadtbesichtigung von Manchester oder ein Besuch des Aviation Visitor Parks am Airport lohnen sich in jedem Fall.
Einen besonderen Coup hat die Air France im Sommer 2010 gelandet: Sie ließ mehrmals in der Woche einen ihrer Airbusse A380-800 zwischen Paris CDG und London LHR pendeln. Dabei absolvierte der A380 jeweils einen Umlauf am Tag zwischen zwei Langstreckenflügen. Die Drehzeit in Heathrow war so bemessen, dass Hin- und Rückflug in der derselben Maschine möglich waren. Die Flüge waren aber auch mit allen anderen AF-Verbindungen zwischen Paris und London kombinierbar. So konnte man beispielsweise in eine Richtung den A380 nehmen und in die andere Richtung eine ATR 72 der Tochtergesellschaft Régional. Bei entsprechender Witterung über dem Kanal wurden übrigens beide Typen durchgerüttelt Air France hat seine innereuropäischen A380-Verbindungen offiziell vermarktet, sozusagen als Schnupperflüge zum Kennenlernen des neuen Flagschiffs. So waren auch zahlreiche Luftfahrtfans aus ganz Europa sowie auffallend viele Air France - Mitarbeiter auf Privatreise an Bord, um einfach einmal preisgünstig und ohne großen Aufwand im Doppelstockairbus zu fliegen. Schon beim Boarding klickten unter Aufsicht der geduldigen Kabinencrews zahlreiche Fotoapparate. Das sorgte freilich regelmäßig für Irritationen bei denjenigen Fluggästen, die rein zufällig auf dem A380-Flug gelandet waren. Das Catering an Bord entsprach dem der Kurzstrecke: Salzgebäck oder Keks, Kaffee, Erfrischungsgetränke und Wein. Kopfhörer wurden mit Verweis auf die kurze Flugzeit von rund einer Stunde nicht verteilt, allerdings konnten sich die Fluggäste eigene Kopfhörer mitbringen und das Unterhaltungsprogramm testen. Als Erinnerung an die A380-Flüge wurden Zertifikate verteilt, die von Passagieren selbst ausgefüllt werden mussten.
Im September schließlich schickte die Lufthansa in festen Umläufen Boeings 747-400 auf Inlandsflüge zwischen Frankfurt und Berlin, München sowie Hamburg. An Bord eines Flugs von Berlin nach Frankfurt/Main entschuldigte sich die Cockpit Crew für die Boeing 747. Die Kurzstreckenkollegen hätten Personalengpässe, weshalb die Langstrecke aushelfen müsse und dies auch gern tue. Die Kabinenausstattung der Lufthansa-Jumbos entsprach im Spätsommer 2010 nicht mehr dem üblichen Standard der Langstrecke einer europäischen Qualitätsairline: In der Economy Class war überwiegend noch kein Inseat-Entertainment-System installiert, jedoch sollen die Maschinen nach und nach umgerüstet werden. An Bord wurde der übliche Kurzstreckenservice mit großzügiger Getränkewahl geboten. Die Lufthansa hat die Jumbos auf innerdeutschen Strecken nicht aktiv vermarktet, jedoch war der geplante Einsatz der Großraummaschinen im Buchungssystem zu erkennen.
Hinweis: Alle Testflüge wurden regulär gebucht.
Lars Müller, Stand: September/2010